Kapitel 9 – Der Aufbruch

(Lucy)

Es war der Freitag vor ihrem Aufbruchstag. Gemeinsam mit ihren Freunden hatte Lucy ausgemacht, dass sie am kommenden Samstag aufbrechen würden um den Weihnachtsmann zu retten. Einerseits war Lucy sehr erleichtert, dass sie dem Stress mit Edwin entkommen konnte. Andererseits machte sich ein mulmiges Gefühl in ihrem Magenbereich breit, sobald sie an den Clan des Grauens dachte.

Dank Silver waren sie sich nun auch ziemlich sicher, dass das Versteck vom Clan des Grauens in der Nähe von dort sein musste, wo die Freunde auf die zwei vom Clan des Grauens gestoßen sind. Also irgendwo in Alaska. Gemeinsam mit ihren Freunden war Lucy gerade auf dem Weg zu Silver nach Hause. Dort wollten die Freunde besprechen wie sie morgen vorgehen würden. Silvers Mutter würde dabei sein und ihnen Ideen für die Befreiung des Weihnachtsmanns geben.

„Guten Tag. Kommt doch herein und setzt euch auf das Sofa im Wohnzimmer. Ich habe Punsch gemacht. Dieser wird euch ein wenig aufwärmen. In den kalten Wintertagen werdet ihr auf dem Nachhauseweg ja sicherlich frieren“, begrüsste Silvers Mutter das Team. Sie hatte wie Silver silbernes Haar. Doch sie hatte die Haare nur bis unter das Kinn geschnitten. Ihre Augen leuchteten freundlich, weshalb sich Lucy bei ihrem Anblick sehr an Molly erinnert fühlte.

Sie traten ein und folgten ihr in das Wohnzimmer und setzten sich auf das gemütliche Sofa. Das Sofa stand zwei Meter vor einem Fernseher, und ein paar Zentimeter davor stand ein ovaler Glastisch. Auf dem glasigen Möbel stand eine lila Vase mit hübschen Orchideen. Silvers Mutter servierte den köstlichen, heißen Punsch. Aber insgeheim fand Lucy ihren Weihnachtspunsch besser. Doch das sagte sie der Zahnfee natürlich nicht. Die Freunde tranken gierig den Punsch.

Eine Stunde später verabschiedeten sich die Freunde von Silver und ihrer Mutter, um sich auf den Weg Nachhause zu machen.

(Der Clan des Grauens)

Seit die Auserwählte und ihre Freunde zwei seiner Anhänger erledigt hatten, hatte er mehrere Überwachungstruppen ausgesannt. Doch bisher war niemand wieder hier aufgetaucht. Wahrscheinlich hatten die Kinder nichts von den Eigenschaften des Pommels gewusst.

Zur Zeit sass er in seinem Büro und las verschiedene Neuigkeiten und Dinge über die er entscheiden sollte, was zu tun war oder wie man vorgehen sollte.

Da klopfte es an der Bürotüre. „Herein!“, rief er und die Türe schwang auf. Ein kleiner gebrechlicher Mann, von dem Gray wusste, dass er bei ihm als Waffenschmied arbeitete trat ein. „Man hat mir aufgetragen, sie darüber zu informieren, dass es in zehn Minuten Essen gibt“, erklärte der Mann. Statt zu gehen blieb der Mann in der Türe stehen. „Zisch endlich ab!“, schrie Gray und der Mann machte sich aus dem Staub.

Bevor Gray allerdings essen ging, schaute er noch beim Weihnachtsmann vorbei.

Bewachen tat ihn zur Zeit ein großer, kräftiger Mann und ein Mädchen, dass zur Ausbildung als Kriegerin antrat. Gray erinnerte sich, dass er der Bruder des Mädchens ins Gefängnis gesperrt hatte, das dieser sich in einer Besprechung zwischen ihm und ein paar Anderen eingemischt hatte. Er wandte sich ihr zu. „Ich sage es dir nur einmal“, warnte er das Mädchen, „wenn du versuchst deinen Bruder zu befreien, sitzt du bald neben ihm.“ Das Mädchen blickte ihn ausdruckslos an, doch Gray wusste, dass in ihr gerade eine Mischung aus Wut, Angst und vielen anderen Gefühlen ausgelöst wurde. Das Mädchen hatte bloß eine schützende Fassade auf, die nicht leicht zu brechen war, denn diese war bereits mit vielen Jahren Übung dicker geworden. Bald würde sie kaum noch zu durchdrungen sein.

(Lucy)

Als Lucy bei Molly und Paul ankam, lagen da zwei schlafende Katzen. Lucys Katze, welche sie Pitschi genannt hatte, lag in Lucys Turnsack. „Wie süß!“, begrüsste sie die Katzen mit grosser Bewunderung. Da öffnete Pitschi die Augen. Bei Lucys Anblick begannen Pitischis Augen fröhlich zu leuchten.

„Hi Lucy“, grüsste Molly. „Hallo“, sagte Paul besser gelaunt als sonst. Anscheinend freute er sich auf das Wochenende ohne Lucy. Er führte Morgen nämlich ein geschäftliches Gespräch, wo er seine Ruhe brauchte. Alle Krankenpfleger nahmen an dieser Besprechung teil. Da Paul und Molly dachten, dass Lucy und ihre Freunde bei Silver übernachten, lief alles wie am Schnürchen.

Lucy stolzierte in ihr Zimmer und holte den kleinen Koffer aus dem Schrank. Sie packte die wichtigsten Utensilien ein, wie Zahnbürste und Zahnpasta, genügend Kleider, Essen und Trinken, ein Buch, ein Tuch, ein Seil, einen Schlafsack, ein grünes, gut getarntes Zelt und natürlich ihr Skisachen, denn die Freunde würden einen großen Teil bis zum Clan des Grauens mit den Skis zurücklegen. Schließlich war der Schlitten zu auffällig.

Als sie es sich nach dem Abendesse auf dem Bett gemütlich gemacht hatte, ging sie wie immer alle Sachen durch die sie eingepackt hatte und ob sie etwas vergessen hatte. Als sie dann mit viel Vorfreude ihre Augen schloss, fiel sie in einen traumlosen, und ruhigen Tiefschlaf.

(Molly)

Sie stand auf die Zehenspitzen, umschloss die Türfalle mit ihrer Hand und öffnete die Tür. Molly wollte Lucy gute Nacht sagen gehen, doch die schlief allen Anschein nach bereits tief und fest. Was ist bloß mit ihr los?, fragte sich Molly. Natürlich sie übernachtet morgen mit ihren Freunden. sie freut sich bestimmt. Aber ist das auch wirklich der Grund, weshalb sie so aufgeregt ist? Nachdenklich blickte die Elfin ihr Pflegekind an. Ich werde das Morgen mit ihr besprechen, beschloss Molly, verließ das Zimmer und schloss die Türe so leise wie möglich.

„Hast du auch bemerkt, dass Lucy irgendwie sehr unruhig wirkt?“, fragte Molly Paul, als sie im Wohnzimmer ankam. Paul, der am Zeitung lesen war brummte bloß: „Ach sie freut sich doch nur auf die Übernachtung mit ihren Freunden. Mach die nicht so viele Sorgen. Sie ist genug alt, um selbst auf sich aufpassen zu können.“

Molly rollte mit ihren Augen, sagte jedoch nichts. Molly lief ein wenig entspannter in die Küche um heißen Kakao zu kochen, da sie ziemlich Lust auf etwas warmes, und süsses zu Trinken hatte.

(Lucy)

Am nächsten Morgen wurde Lucy früh von ihrem Wecker geweckt. Es war 6:00 Uhr und sie stand wiederwillig auf. Doch eigentlich freute sie sich enorm auf den heutigen Tag und hoffte, dass sie das Versteck des Clan des Grauens finden würden und den Weihnachtsmann erfolgreich retten konnten.

Als sie angezogen die Treppe hinunter stolperte fiel ihr ein, dass sie noch ein Erste-Hilfe-Kasten mitnehmen sollte. Sie rannte wieder hoch, rannte den Flur entlang in das hinterste Zimmer, auf einen Schrank zu, und öffnete diesen. Holte eine kleine, rote Box heraus und stopfte sie in den Koffer.

Als sie dann unten am Esstisch ankam, erwartete sie ein grandioses Frühstück. Es gab einen frisch gebackenen Zopf, verschiedene Honige, Nutella, Fleisch, Käse und Eier. Zum Trinken gab es Orangensaft und ein anderer Obstsaft, Wasser, und Molly’s heisse Schokolade.

„Morgen“, grüsste Paul Lucy, der schon auf einem Stuhl sass und eifrig Zeitung las. „Guten Morgen Paul“, grüsste sie zurück. Paul schien irgendwie besser gelaunt heute. Wahrscheinlich, weil Lucy heute Abend nicht da sein würde. Molly und Paul würden, wie alle anderen Erwachsenen, im Clan der Magischen an einen Infoabend gehen. Sie dachten, dass Lucy mit ihren Freunden bei Silver übernachten würden.

Zwei Stunden später trafen die Freunde sich beim Schlitten, den die Freunde mit einem Schlittenverschnellerer ausgerüstet hatten. Myron hatte ihn in der Werkstatt gestohlen. Sonst wären sie nicht an so etwas seltenes herangekommen. Eigentlich waren die Freunde nicht damit einverstanden gewesen. Doch sie mussten zugeben, sonst wäre es unmöglich den Weihnachtsmann über das Wochenende zu befreien und zurück zu bringen.

„Gehen wir?“, fragte Rudolf, der schon startklar war. Die anderen nickten und setzten sich auf die gepolsterten Bänke. „Los gehts!“, rief Myron und nahm die Zügel energisch in die Hände.

(Molly)

Molly war gerade einkaufen gewesen. Auf dem Nachhauseweg kam sie am Schlittenlandeplatz vorbei und sah gerade noch wie der Schlitten von Lucy und ihren Freunden samt Passagieren abhob.

Wegen dem Stress, den Molly am Morgen gehabt hatte, war sie nicht mehr dazu gekommen mit Lucy über ihre Unruhe zu sprechen. Allerdings dachte Molly sich nichts bei dem Abflug, den sie gerade beobachtet hatte. Wahrscheinlich machten die Freunde bloß einen kleinen Ausflug mit dem Schlitten.

Molly machte sich auf den Weg nach Hause.

(Lucy)

Mitten in der Nacht kamen sie müde und erschöpft in Alaska, wo das Versteck vom Clan des Grauens lag, an.

„Stellen wir die Zelte auf und schlafen“, schlug Myron gähnend vor. „Ja klar, aber zuerst will ich mich ein bisschen umsehen und mit Hilfe des Wärmezaubers, den ich bei Herr Novak gelernt habe, unser Zelt aufwärmen“, sagte Lucy und hüpfte mit dem Koffer aus dem Schlitten.

Als die Zelte aufgebaut waren und Lucy das Zelt aufgewärmt hatte, trennte sie sich von den Andren. Sie lief eine schöne Strecke durch die zugeschneite Natur.

Als sie schon ziemlich weit gelaufen war erschrak sie plötzlich und legte sich so flach wie möglich auf den Boden. Einen Mann mit Pferd war wenige Meter von ihr entfernt. Er hatte dunkle Kleidung, und Lucy dachte, er könnte jemanden aus dem Clan des Grauens sein. Als er mit seinem Pferd auf einen anderen Hügel zusteuerte, folgte Lucy ihm. Sie achtete sorgfältig darauf, nicht entdeckt zu werden.

Als sie eine Viertelstunde lief, kamen sie bei einer Höhle am Anfang eines Bergs an, wo der Mann mit seinem Pferd hinein trabte.

„Hier ist euer Versteck also“, sagte Lucy zu sich selbst. Zufrieden machte sie sich mit schnellen Schritten auf den Weg zurück. Dort informierte sie Silver, die die Einzige war die noch wach war. Danach legte sie sich schlafen. Sie schlief schnell ein.

(Elenor)

„Guten Tag Frau Feenstaub“, begrüsste Herr Nowak Elenor. „Guten Abend“, grüsste sie ihn zurück, „wie macht sich meine Tochter denn so in der Schule?“ „Oh, sie macht es sehr gut. Auch ihre Freunde hat sie sich gut ausgesucht“, meinte Herr Novak. Elenor nickte und stimmte ihm zu: „Ja, da bin ich ganz deiner Meinung. Silver hat sehr gute Freunde. Ein Glück, dass sich alle in der Gruppe so gut verstehen.“ „Oh ja, schön wäre, wenn dies bei allen Teams der Fall wäre“, bemerkte Herr Novak.

„Hallo alle miteinander“, begrüsste Frau Weihnachten, die auf einer Art Bühne stand, die Gäste. Der Infoabend begann. „Wie ihr wisst haben wir uns hier versammelt, um über die Auserwählte zu sprechen. Bisher galt die Auserwählte als uralte Legende. Für alle die, welche die Legende nicht kennen: Die Legende handelt davon, dass ein Mädchen, welches die Auserwählte genannt wird, eines Tages die Welt vor dem Clan des Grauens retten wird. Was der Clan der Magischen seit mehreren tausenden Jahren versucht und nie hinbekommen hat, soll dieses Mädchen schaffen. Mit verschiedenen Nachforschungen ist es uns schließlich gelungen, herauszufinden zu welchem Zeitpunkt dieses Mädchen in die Schule gehen wird. Es soll dieses Jahr sein oder schon vor kurzem geschehen sein!“

Ein Raunen ging durch die Menge. Frau Weihnachtens Blick schweifte durch die Menge und blieb auf Elenor hängen. „Frau Feenstaub, würden sie bitte hoch kommen?“

Elenor wurde aufgeregt. Was hat das ganze mit mir zu tun?, fragte sie sich. Langsam bahnte sie sich einen Weg durch die Menge zur Bühne und bestieg diese. Dann trat sie zu Frau Weihnachten, die sofort begann zu sprechen: „Nun die Lehrer haben die Mädchen dieses Jahr sehr gut beobachtet und haben eine Person als die klare Auserwählte enthüllt.“

Langsam bekam Elenor eine Vorahnung, was Frau Weihnachten als nächstes sagen würde. „Silver ist die Auserwählte“, verkündete Frau Weihnachten.

(Lucy)

Am nächsten Tag standen sie gut gelaunt auf. Sie freuten sich, dass sie den Weihnachtsmann nun endlich retten konnten. Sie zogen alle zwei Skis (außer Rudolf der zog vier) an und nahmen ein Seil, eine Karte und weitere Sachen mit. „Mann sollte immer auf Nummer sicher gehen!“ Sagte Snoopy immer, wenn es eine passende Gelegenheit gab. Jeder der Freunde bekam eines der sechs Walkie-Talkies. Silver’s Mutter hatte das sechste Exemplar.

„Gehen wir?“, fragte Rudolf. Lucy nickte und drehte sich in Richtung des Verstecks vom Clan des Grauens

Sie fuhren mit den Skis an einem zugefrorenen Fluss vorbei. Danach fuhren sie weiter durch einen Wald. Dieser war ein wenig hügelig, weshalb sie manchmal auch die Ski abziehen und laufen mussten. Doch meistens konnten sie von einem Hügel herunter und mit dem Schwung gerade auf den Nächsten fahren. Der Schnee war ziemlich tief.

Als sie ungefähr eineinhalb Stunden gefahren waren, fragte Lucy ihre Freunde: „Dort, seht ihr die Höhle?“ Diese nickten.

Die Freunde zogen die Ski ab und versteckten sie unter dem Schnee. Lucy steckte ihre schwarzen Skistöcke tief in den Schnee neben ihren Ski. Sie hatte sie von Paul und Molly bekommen und heute das erste Mal ausprobiert.

Dann marschierten sie den Berg vorsichtig hoch, bis Myron erschrocken flüsterte: „Achtung! Da kommt jemand.“