Kapitel 39 – Alles verlassen

(Norwen)

Nach der langen Reise kamen sie endlich an. Als Erstes machten er und Lucy einen Spaziergang, um sich endlich mal wieder richtig die Beine vertreten zu können. Von dem langen Sitzen im Zug schmerzten ihm alle Glieder und es tat gut sich wieder mal lange bewegen zu können. Noch besser wäre es gewesen, wenn die Luft ein wenig frischer und nicht so heiss gewesen wäre, aber man konnte ja nicht alles haben. Der Himmel war strahlend blau.

Nach einer Weile spazieren stieg Norwen einen köstlichen Duft in die Nase. Er sah sich um und entdeckte den Stand, von dem, der köstlich Duft kam. Sie befanden sich auf einem Markt mit vielen tollen Ständen, die verschiedene Dinge anboten. Bie dem Stand, von dem der Duft kam, wurden dreieckige Speisen laut angepriesen. „Sambusa! Sambusa! Ein leckeres Gericht. Verpassen Sie es auf keinen Fall!“, rief die Frau am Strand. Sie liefen hin, um sich ein Sambusa zu holen.

Leider waren sie nicht die einzigen, die dem Ruf gefolgt waren, weshalb sie noch anstehen mussten. Das Anstehen war langweilig, doch schlussendlich lohnte es sich, denn das Gericht war sehr lecker. Als sie noch ein wenig weiter liefen bemerkte Norwen, dass sie jetzt eigentlich zur Zahnmausstadt aufbrechen sollten. Norwen fragte Lucy, ob sie langsam aufbrechen sollten. Diese stimmte ihm zu, sodass sie sich ein paar Minuten später in der Wüste befanden. Sie wussten wo sie durch mussten, markierten aber trotzdem zu Sicherheit mit Steinen ihren Weg. Es gab von Dubai aus einige Hinweise, wie man zur Zahnmausstadt kam, sodass sie irgendwann ankamen. Norwen freute sich auf ein kleines bisschen Normalität, auf die sie in der Zahnmausstadt stossen würden.

Erleichtert traten sie durch den Torbogen und schrumpften augenblicklich auf die Grösse einer Maus. Doch was sie vorfanden, entsprach nicht der Normalität, die sie gehofft hatten vorzufinden.

(Lucy)

Es war totenstill, nichts rührte sich. Nicht eine Menschenseele war vorzufinden. Als Erstes liefen sie zu Rakirs Haus, in der stillen Hoffnung, dass zumindest er hier war, doch als sie nicht mal ihn fanden, begannen sie alles zu durchsuchen. Auf einmal hörte Lucy, wie Norwen nach ihr rief. So schnell sie konnte rannte sie zu ihm. Norwen stand vor einem Haus, dessen Wand mit einer hässlich roten Krakelschrift, versaut worden war. Es standen dieselben Worte geschrieben, wie damals vor mehreren Monaten beim Clan der Magischen an einer Wand: DIE GEFANGENSCHAFT HAT ZWEI REGELN: WÜRDIGE WERDEN AUFGENOMMEN, UNWÜRDIGE STERBEN.

Ein Schauer ging ihr den Rücken hinunter. Das konnte nur so viel bedeuten, dass die Schwarzmagier auch hier gewesen waren.

„Das ist Amilias Werk, ich vermute, dass sie bereits bei uns herausgefunden hat, wo sich die Zahnmausstadt befindet. Dann hat sie entweder bei uns oder hier erfahren, wann der eigentliche Angriff geplant gewesen war. Wahrscheinlich ist sie an folgendem Tag, hier erschienen. Natürlich verwandelt. Wahrscheinlich in dich und hat sie alle zu ihrer Festung gelotst, dort wurden sie dann gefangen. Das würde auch erklären, dass hier nichts verwüstet worden ist. Wir können nur hoffen, dass den Atlantianer nicht dasselbe widerfahren ist. Und das werden wir auf der Stelle überprüfen“, beschloss Norwen kurzerhand.

Da war Lucy einer Meinung mit ihm. Sie mussten noch heute wissen, ob die Atlantianer ebenfalls in Gefangenschaft waren.

So kam es, dass sie noch lange Zeit durch die nächtlich eiskalte Wüste laufen mussten. Bis sie endlich in Atlantis ankamen. Sie öffneten den Eingang und bahnten sich einen Weg durch den Lufttunnel.

(Norwen)

Norwen erschrak noch mehr als zuvor bei der Zahnmausstadt. Das durfte nicht wahr sein! Im sonst so belebten Atlantis, herrschte Totenstille, kein Geräusch drang an sein Ohr. Es war noch unheimlicher als in der Zahnmausstadt, dort war wenigstens das Rauschen der Bäume vernehmbar gewesen. Hier hatte es einige Trümmer, denn hier waren nicht alle in den Krieg gezogen. Eltern, Kindern und ältere Leute waren zurückgeblieben und diese hatten sich die Leute aus dem Clan des Grauens dann gewaltsam aus ihren Häusern geholt.

Nun war die Stille hier eingekehrt. Es war fast so als hätte das Meer aufgehört zu rauschen. Als er genauer hinhörte, stellte er fest, dass es tatsächlich so war. Aber wieso nur? Wahrscheinlich hatte es etwas mit dem Verschwinden der Atlantianer zu tun. Gemeinsam mit Lucy durchstreifte er die Stadt. Sie sprachen kein Wort. Doch als Lucy die Stimme erhob und sagte „schau mal da!“, hallte ihre Stimme in der Stadt wieder und ein Schauder ging ihm den Rücken hinunter. Trotzdem schaute er dort hin, wo sie mit dem Finger hindeutete.

Dort standen abermals dieselben Worte, wie in der Zahnmausstadt und im Clan der Magischen schon.

Lucy senkte den Kopf und meinte: „Dann hat es wohl keinen Sinn, die Stadt meiner Eltern noch aufzusuchen, denn dort werden wir zweifellos dasselbe auffinden.“ Da stimmte Norwen ihr zu. Hatte Amilia zwei Städte ausfindig machen können, so hatte sie die Stadt ihrer Eltern bestimmt schon gefunden und ebenfalls mit demselben Trick hinters Licht geführt. Das bedeutete allerdings so viel, wie, dass alle ausser sie gefangen waren. Und wie sollten es zwei kleine Kinder, wie sie es waren, schaffen einen Gefängnisausbruch in der vermutlich grössten und meist gesicherten Festung der Welt zu starten?

Folgendes Kapitel erscheint am nächsten Sonntag